LSB und Sportbünde mit eindringlichem Appell an Bund, Landesregierung und Kommunen
Sport muss im Freien wieder möglich sein
16.04.2021 – Landessportbund Rheinland-Pfalz
Die jüngsten Passagen – ob im Entwurf der Bundes-Notbremse, der aktuell gültigen Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes oder den kommunalen Allgemeinverfügungen - sind aus Sicht des organisierten Sports überhaupt nicht mehr nachzuvollziehen. Deshalb haben sich LSB und Sportbünde bereits am 22. März in einem Offenen Brief an die Landesregierung gewandt und am 11. April an Sportminister Roger Lewentz persönlich.
Auch wenn Öffnungsschritte in der Pandemiebekämpfung gerade nicht das große Thema sind, sind LSB und Sportbünde mit den aktuell geltenden Regelungen zum organisierten Sporttreiben bei höheren Inzidenzzahlen nicht einverstanden. „Vielmehr verweisen wir auf die bereits mehrfach kommunizierte Minimalforderung, dass im Vereinssport fünf Personen plus Trainer aus verschiedenen Haushalten im Freien und unter strikter Einhaltung der Abstandsregel unabhängig von Inzidenzzahlen Sport treiben können“, so LSB-Präsident Wolfgang Bärnwick und Hauptgeschäftsführer Christof Palm in den beiden Schreiben. „Diese Möglichkeit – flankiert von mittlerweile erprobten und bewährten Hygienekonzepten mit Hinweisen zum Verhalten vor und nach der Trainingseinheit – birgt auch nach Ansicht von Experten keine systematischen Infektionsrisiken.“ Mit Blick auf den Offenen Brief der Gesellschaft für Aerosolforschung an Kanzlerin Angela Merkel bedauert die LSB-Spitze, dass die Inhalte des Briefes „leider nicht die erhoffte Bewegung in die Debatte einer schrittweisen Öffnung des Sports gebracht“ haben.
Die geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes bzw. die Bundes-Notbremse sehen vor, dass ab einer Inzidenz von 100 nur noch kontaktloser Individualsport allein, zu zweit oder mit Angehörigen des eigenen Hausstands erlaubt ist. Natürlich ist die derzeitige Situation ist ernst. Das erkennen die Verantwortlichen im Landessportbund, in den Sportbünden und deren rund 6.000 Vereine in Rheinland-Pfalz auch an. Der Sport sei bisher ein verlässlicher Partner der Politik gewesen, weil er nicht – wie teilweise andere Organisationen und Verbände - unrealistische Forderungen gestellt hat. Viele Einschnitte für den Sport haben LSB und Sportbünde nachvollzogen und mitgetragen. „Gleichzeitig erwarten wir aber jetzt eine Ausrichtung an wissenschaftlichen Erkenntnissen und eine genaue Abwägung von Risiken – speziell von Corona-Infektionen auf der einen und der sehr weitgehenden Aussetzung von Vereinssport auf der anderen Seite. Nach mehr als einem Jahr Bewegungsmangel-Pandemie muss es mehr geben als nur Öffnen und Schließen“, sagt Landessportbund-Präsident Wolfgang Bärnwick.
Konkret bezieht sich der LSB dabei auf eine Stellungnahme von führenden Aerosolforschern an die politisch Verantwortlichen. Die Aerosolforscher um den Biophysiker Dr. Gerhard Scheuch kritisieren in ihrem Schreiben, dass „bis heute wesentliche Erkenntnisse unserer Forschungsarbeit nicht in praktisches Handeln übersetzt“ worden sei. „Stattdessen werden eher symbolische Maßnahmen wie die Maskenpflicht beim Joggen erlassen, die keinen nennenswerten Einfluss auf das Infektionsgeschehen erwarten lassen. Übertragungen im Freien sind äußerst selten und führen nie zu ‚Clusterinfektionen‘, wie das in Innenräumen zu beobachten ist“, schreiben die Forscher.
Wir können es Tag für Tag lesen und bekommen verstärkt Rückmeldung von Wissenschaftler oder aus den Reihen der Vereine, dass sie sich um die körperliche, aber vor allem auch die seelische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen sorgen. „Ganz offensichtlich produzieren wir durch die angeordnete Bewegungsarmut aktuell die Kranken von Morgen“, so Hauptgeschäftsführer Palm. „Solche drohenden Langzeitschäden müssen bei der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes einbezogen werden“, fordert er. Und weiter: „Wenn draußen quasi keine Ansteckung droht, sollte altersübergreifend mehr Sport ermöglicht werden – im Zweifel zuerst in kleineren Gruppen, kontaktarm und unter Beachtung der bereits bestehenden Hygienekonzepte“.
Passend dazu äußert der LSB zum wiederholten Male sein Unverständnis zu den Regelungen der Anlage 4 (zu §23 Abs. 5), also der Musterallgemeinverfügung des Landes bei einer Inzidenz von über 200:
Hier heißt es unter Punkt 2. Abweichend von § 2 Abs. 1 Satz 1 18. CoBeLVO ist der Aufenthalt im öffentlichen Raum nur alleine oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands und einer Person eines weiteren Hausstands gestattet.
Unter Punkt 6 steht: Abweichend von § 10 Abs. 1 18. CoBeLVO ist die sportliche Betätigung im Amateur- und Freizeitsport in Einzelsportarten nur im Freien und nur alleine oder mit Personen, die dem eigenen Hausstand angehören, zulässig.
Soll heißen: Die Sportausübung zu zweit auf Abstand ist in Städten und Landkreisen bei einer Inzidenz von über 200 untersagt. Man könnte sich also bei einer Inzidenz von über 200 mit einer Person eines weiteren Haushalts ohne Abstand treffen, man könnte aber nicht mit der gleichen Person mit Abstand Individualsport wie bspw. Tennisspielen ….
Diese Diskriminierung des Sports gegenüber sonstigen sozialen Zusammenkünften zu zweit ist den Sporttreibenden nicht zu vermitteln, für den organisierten Sport schlicht inakzeptabel.
Der Landessportbund Rheinland-Pfalz verweist zudem darauf, dass regelmäßiger Sport laut einer US-Studie mit fast 50.000 corona-infizierten Patienten das Risiko, schwer an Covid zu erkranken oder gar zu sterben, stark reduziere und auch bei der Stressbewältigung helfe. „Auf Grundlage solcher wissenschaftlicher Erkenntnisse müssen Sport und Bewegung endlich als Teil der Lösung der Pandemiebekämpfung anerkannt und vor allem eingesetzt werden. Dazu fordern wir die politischen Entscheidungsträger auf allen Ebenen – von Kommunale, Land und Bund bei ihren Überlegungen zur Formulierung von Corona-Bekämpfungsverordnungen, Allgemeinverfügungen oder Infektionsschutzgesetz eindringlich auf“, so die LSB-Spitzen Bärnwick und Palm.