Schwimm-Interview: DSV-Präsident David Profit kritisiert mangelnde Förderung in der Breite

19.02.2025 –  Michael Heinze

Seit Mitte April 2024 ist der gebürtige Ludwigshafener David Profit neuer Präsident des Deutschen Schwimmverbandes (DSV). Bereits seit 2019 war Profit Mitglied der DSV-Kommission, die sich um die Schwimmbäderpolitik kümmert. Im Interview spricht der 48 Jahre alte Jurist und frühere Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Familienministerium über die Situation im Breitensport sowie im Freizeitsport – und an welcher Stelle den Schwimmsport in Rheinland-Pfalz am meisten der Schuh drückt. Der DSV-Chef, der zugleich Vorsitzender des SFG Gimbsheim ist, wünscht sich an jedem großen Schulstandort eine Schulschwimmhalle und mindestens drei Sportschwimmbäder im Bundesland.

Herr Profit, der DSV war ja schon mal deutlich erfolgreicher, als das zurzeit der Fall ist. Was stimmt Sie alles optimistisch, dass die Kurve bald wieder steil nach oben geht?
Die Athletinnen und Athleten sind sehr fleißig. Und bei den vergangenen Olympischen Spielen haben wir immerhin die erste Goldmedaille für Deutschland geholt. Seither sind die Stimmen auch etwas leiser geworden, dass der DSV sportlich nicht so erfolgreich ist… Aber das ist harte Arbeit und da müssen sehr viele junge Menschen sehr hart trainieren, um ihre Erfolge zu holen.

  • Zwei Männer an einem Tisch im Büro

    Freund klarer Worte: DSV-Präsident David Profit (l.) sprach im Interview mit LSB-Referent Michael Heinze offen darüber, was ihm im Breitensport und auch im Leistungssport aktuell Sorgen bereitet - und welche Lösungsvorschläge er sieht.

    Foto: Marcel Buchheister

Wie steht es um den Schwimmsport in RLP bzw. wo drückt hier am meisten der Schuh?
In Rheinland-Pfalz kann man sehr gut sehen, dass der Leistungssport und olympische Medaillen davon abhängig sind, dass man sehr viel Förderung in der Breite macht. Die findet in Rheinland-Pfalz im Spitzensport nämlich wenig statt – auch mangels geeigneter Schwimmstätten. Wir haben kein 50-Meter-Hallenbad – und das fehlt uns. Dass wir hier mit Mathis Schönung trotzdem einen sehr erfolgreichen Schwimmer haben, ist eher ein Wunder und eher atypisch.

Sehen Sie denn Chancen, dass kurz- oder mittelfristig ein Bad mit einem 50-Meter-Becken gebaut werden kann oder ist dies nur ein hehrer Wunsch bzw. eine Vision?
Rheinland-Pfalz hat nach meiner Beobachtung keine Idee, wie die Bäderlandschaft sich entwickeln soll. Dazu gehört auch, dass das Innenministerium meines Wissens keine Förderung für den Bau eines Hallenbads mit 50-Meter-Becken gibt. Dabei wird aber übersehen, dass man die für eine leistungssportliche Entwicklung und auch für den Nachwuchssport dringend benötigt.

Das heißt, es sieht eher schlecht aus, dass hier so schnell etwas passiert?
Gemeinsam mit der DLRG wird der Deutsche Schwimmverband einen Vorschlag machen, wie die Bäderstruktur in Zukunft sich entwickeln kann. Ich hoffe, dass auch Rheinland-Pfalz dem Vorschlag nähertritt. Aktuell fehlt es der Politik an einer Leitidee für die Entwicklung der Bäder. Wir sind als DSV auch mit einem Bauunternehmen im Gespräch, das Modulhallenbäder anbietet. Das würde den Bau neuer Bäder auch deutlich preiswerter machen.

Macht Ihnen in RLP die Situation im Breitensport mehr Sorgen oder die im Leistungssport?
Beides. Wir haben zu wenig Wasserflächen in Hallenbädern. Und wir haben auch vor allem zu wenig Schulschwimmhallen. Das heißt, wir erleben in Rheinland-Pfalz etwas, was wir auch in anderen Bundesländern erleben – den Verlust der Schwimmfähigkeit in der Masse. Nur wird hier in diesem Land überhaupt nicht ausreichend dagegengesteuert. Wir haben teilweise Kinder in der dritten Klasse, die anfangen zu weinen, wenn man sie unter die Dusche stellt. Weil sie Angst haben vor dem Wasser von oben. Diese Kinder sind überhaupt nicht wassergewöhnt geschweige denn, dass sie schwimmen können. In manchen dritten Klassen haben wir 30 bis 50 Prozent der Kinder, die nicht schwimmen können. Das können wir uns so nicht leisten in Deutschland.

Wie bewerten Sie die Situation in Rheinland-Pfalz als DSV-Präsident im bundesweiten Vergleich?
Das lässt sich sehr schwer sagen. Denn Rheinland-Pfalz ist wirtschaftlich nicht so stark wie andere Länder. Allein Frankfurt hat zwei 50 Meter-Hallenbäder. Auch in Wiesbaden gibt es mehr Hallenbäder als in Mainz. Wir brauchen hier eine gewisse Schwerpunktsetzung. Und es ist auch nicht so, dass jede Kommune ein Sporthallenbad braucht. Aber wir müssen anfangen zu trennen zwischen den Bädern für Freizeit und den Bädern für Sport. Ich denke, dass das Land Rheinland-Pfalz da auch eine überregionale Verantwortung übernehmen sollte.

Was muss ganz konkret passieren, um wieder rheinland-pfälzische WM-Teilnehmer*innen und Olympiafahrer*innen zu entwickeln?
Wir bräuchten eine Schwerpunktsetzung im Schwimmsport. Aktuell findet die so nicht statt. Und wir benötigen zumindest in der Mitte des Landes ein 50-Meter-Trainingsbad, in dem wir die Voraussetzungen dafür schaffen können, dass Leistungssport im Bereich Wasser stattfindet – am besten auch im Süden und im Norden.

Wenn Sie jetzt drei Wünsche frei hätten mit Blick auf den Schwimmsport generell – welche wären dies?
Ich würde mir als allererstes wünschen, dass an jedem großen Schulstandort eine Schulschwimmhalle besteht, die auch gut finanziert wird – am besten in einem Zweckverband. Als zweites würde ich mir wünschen, dass wir in Rheinland-Pfalz mindestens drei Sportschwimmbäder bekommen – eines im Norden, eines in der Mitte und eines im Süden. Und als drittes würde ich mir wünschen, dass wir kluge Gesetzgebung machen zugunsten der Bäder. Dazu gehört auch, dass im Rahmen regionaler Entwicklungsplanung die Schulschwimmhallen, aber auch andere Schwimmbäder zur Pflichtaufgabe der Kommunen werden und dass Kommunen gemeinsam finanzieren über Zweckverbände und das Land hier auch gut zufinanziert über den kommunalen Finanzausgleich.

Bereits im achten Jahr führen Sie den Schwimmverein Freibad Gimbsheim (SFG) als Vorsitzender, richtig?
Das stimmt. Für mich ist es ganz gut, hier die Wurzeln zu haben – denn dann weiß ich auch, worüber ich rede, wenn ich über Vereine spreche.

Was sagen denn die SFG-Mitglieder, dass ihr Vorsitzender jetzt auch der Chef des gesamten Deutschen Schwimmverbandes ist – sind die begeistert?
Die finden das ganz gut. Aber vor allem finden sie auch gut, dass ich mich weiterhin um unseren Verein kümmere. Wir sind der fünftgrößte Sportverein in Rheinland-Pfalz, haben eine große Schwimmschule – und da ist viel zu tun. Wichtig ist dabei auch, am Puls der Zeit zu sein. Zum Beispiel gründen wir aktuell als erster Schwimmverein in Rheinland-Pfalz eine Abteilung für Eisschwimmen – das entwickelt sich gerade zum Megatrend.

Ansprechperson

Portrait Thomas Kloth
Thomas Kloth

Hauptgeschäftsführer & Abteilungsleiter Leistungssport