Der ukrainische Boxer sammelt nicht nur Titel, sondern ist beim Boxring Westerwald zu einem Vorbild geworden

Geflohen und durchgeboxt – Aleksander Borys und Trainer Vadim Horst im Interview

17.01.2025 –  Marlene Wienold

Aleksander, 18 Jahre alt, ist vor eineinhalb Jahren aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Beim Boxring Westerwald und Trainer Vadim Horst hat er eine neue (sportliche) Heimat gefunden. Im November 2024 konnte er seinen Titel als Rheinland-Meister im Halbmittelgewicht bis 70 kg verteidigen. Wir haben mit den beiden über ihre Zusammenarbeit gesprochen.

SPORT Rheinland-Pfalz: Alexander, wann und wo hast Du mit dem Boxen angefangen?

Aleksander: Ich boxe seit meinem 11. Lebensjahr. Damit angefangen habe ich bereits in der Ukraine.

SPORT Rheinland-Pfalz: Hast Du gleich nach Deiner Ankunft in Deutschland nach einer Möglichkeit gesucht, wo Du wieder boxen kannst?

Aleksander: Ich bin im August 2023 nach Deutschland gekommen. Seit ich in Deutschland bin, habe ich direkt nach einer Möglichkeit gesucht, wo ich boxen kann.

SPORT Rheinland-Pfalz: Wie bist Du auf den Boxring Westerwald aufmerksam geworden?

Aleksander: Ich habe im Internet gesucht und bin auf die Webseite von Boxring Westerwald gestoßen.

SPORT Rheinland-Pfalz: Vadim, wie hast Du Aleksander kennengelernt?

Vadim: In der Sporthalle. Wir hatten gerade Verbandstraining. Da habe ich ihn gesehen, einen Jungen, den ich nicht kannte. Er hat mir erzählt, dass er aus der Ukraine kommt. Ich habe ihn gefragt, ob er bei uns trainieren möchte. Er hat sofort „ja“ gesagt! Er hatte Glück, dass wir an diesem Tag ausnahmsweise Training hatten. Ich habe ihm gesagt, dass er Sportklamotten holen soll, dann könnte er direkt anfangen. 20 Minuten später stand er mit Sportklamotten in der Halle und hat angefangen, mit uns zu trainieren. Das war im September 2023.

SPORT Rheinland-Pfalz: Wie oft trainiert Aleksander bei Dir?

Vadim: Viermal pro Woche. Manchmal machen wir zusätzlich noch Personal Training mit ihm zur Verbesserung der Technik.

SPORT Rheinland-Pfalz: Gab es Sprachbarrieren? Könnt ihr euch gut verständigen?

Vadim: Sprachbarrieren gab es gar keine. Er spricht ja sehr gut russisch. Manchmal verwendet er ein paar ukrainische Wörter, aber die Sprachen sind sich ja sehr ähnlich. Da kann man sich sehr gut verständigen ohne irgendwelche Einschränkungen.

SPORT Rheinland-Pfalz: Aleksander, was gefällt Dir gut an Deinem Coach Vadim?

Aleksander: Vadim führt ein gutes Training durch. Ich habe viele Möglichkeiten an Turnieren teilzunehmen. Und wir haben eine gute Atmosphäre in unserem Verein.

SPORT Rheinland-Pfalz: Wie bereitest Du Dich mental auf Deine Kämpfe vor?

Aleksander: Ich versuche im Wettkampf das zu zeigen, was ich im Training gelernt habe. Und ich möchte auch einen technisch schönen Kampf präsentieren. Dabei empfinde ich Spaß an Boxkämpfen und gehe mit guter Laune in den Boxring rein.

SPORT Rheinland-Pfalz: Vadim, bist Du überrascht, dass Aleksander den Rheinland-Meistertitel geholt hat? Oder war das aus Deiner Sicht zu erwarten?

Vadim: Das ist jetzt schon sein zweiter Rheinland-Meistertitel. Den Titel vom letzten Jahr konnte er verteidigen. Überrascht war ich nicht, weil er schon auf einem sehr hohen Niveau ist. Er ist in allen Alters- und Gewichtsklassen einer der besten bei uns im Rheinland. 

SPORT Rheinland-Pfalz: Wie unterscheidet sich Aleksander von Deinen anderen Boxschülern? Was ist an ihm besonders?

Vadim: Aleksander ist auch für die jüngeren Boxschüler zu einem Vorbild geworden. Er ist sehr diszipliniert und ruhig, sachlich und sehr fleißig. Nach Trainingsende macht er meistens noch weiter mit Kraft- und Ausdauertraining – alles aus eigener Initiative. Das ist schon sehr gut! Das sehen natürlich auch die anderen Jungs und nehmen sich an ihm ein Beispiel. Die Kinder haben sich dadurch stark verbessert, was die Disziplin angeht. Aleksander hat einen sehr guten Charakter als Mensch und als Boxer – das macht ihn besonders.

SPORT Rheinland-Pfalz: Aleksander, was machst Du sonst, wenn Du nicht gerade boxt?

Aleksander: Außer dem Boxtraining mache ich gerade einen Sprachkurs, einen PKW-Führerschein, und einmal in der Woche leite ich eine Boxtraining-AG in der Schule und im Verein.

SPORT Rheinland-Pfalz: Welche sportlichen und nicht-sportlichen Ziele habt ihr euch vorgenommen?

Aleksander: Mein sportliches Ziel ist es, zum ersten Mal Deutscher Meister zu werden und dann sehe ich weiter. Gerne möchte ich auch eine Ausbildung in einem handwerklichen Beruf machen.

Vadim: Für 2025 sind bei uns die Deutschen Meisterschaften das höchste Ziel. Ich glaube, dass wir dieses Jahr richtig gute Chancen haben, eine Medaille zu reißen. Außerdem planen wir hier bei uns im Verein für 2025 drei Turniere mit internationaler Beteiligung durchzuführen und auch selbst an internationalen Turnieren teilzunehmen. 

Ihr wollt mehr über die Arbeit und Fördermöglichkeiten von Freiwillig Engagierten erfahren?

Auch der SWR hat einen Beitrag über Aleksander und Vadim gesendet:

Ansprechperson

Portrait Milan Kocian
Milan Kocian

Programmreferent „Integration durch Sport“ Rheinland

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