
Experte Dr. Gerhard Scheuch über die Ansteckungsgefahr an der frischen Luft
Aerosolforscher: „Sport im Freien bedenkenlos möglich“
12.04.2021 – Michael Heinze
Herr Dr. Scheuch, um sich an der frischen Luft anzustecken, braucht es schon einen sehr engen Kontakt über 5 bis 15 Minuten, bei dem man sehr eng zusammensteht und sich unterhält, haben Sie dieser Tage in einem Zeitungs-Interview gesagt. Ist das wirklich so?
Ja, das ist tatsächlich so, weil die ausgeatmete Aerosolwolke im Freien sehr stark verdünnt wird. Und um eine gewisse Dosis einzuatmen, dauert es eben eine Zeit.
Von welcher Dosis sprechen wir denn hier?
Derzeit gehen wir davon aus, dass man in kurzer Zeit mindestens 400 bis 3000 Viren abbekommen muss.
Würden Sie sagen, dass der Sport im Freien wie Tennis, Leichtathletik, Rudern, Golf, Minigolf, Fußball, Beachvolleyball sowie alle Natursportarten mithin quasi bedenkenlos ausgeübt werden könnten?
Ja, das können sie. Da wird es um 99,9 Prozent weniger Infektionen geben, als wenn die Menschen in ihren Wohnungen blieben.
Ein minimales Restrisiko bleibt also trotzdem – aber das steht wohl in keinem Verhältnis zu den positiven Auswirkungen der Leibesübungen, richtig?
Das sehe ich genauso. Wandern, Joggen, Rad und Skifahren sind natürlich optimal – aber auch Tennis, Leichtathletik, Rudern, Golf, Minigolf oder Beachvolleyball stellen natürlich überhaupt kein signifikantes Risiko dar.
Und wie sehen aus Ihrer Sicht mögliche Öffnungsstrategien für klassische Indoor-Sportarten wie Tischtennis, Handball, Volleyball, Judo oder Turnen aus?
Wenn man in den Hallen vernünftige Lüftungskonzepte hat, kann man auch in den großen Hallen wieder Sport betreiben.
Meinen Sie hier Drei-Feld-Sporthallen – oder langt es, wenn man in einer kleinen Dorfturnhalle alle halbe Stunde mal kräftig auf Durchzug stellt?
Auch in einer kleinen Dorfturnhalle befindet sich genügend Luft – und halbstündiges Lüften ist optimal.
Wie sehen die von Ihnen angesprochenen Lüftungskonzepte aus – und wie aufwändig bzw. teuer ist so ein Lüftungskonzept?
Viele Hallen haben bereits solche Lüftungskonzepte. Optimal wäre es natürlich, wenn die Luft unten hinein und unter dem Dach herausgenommen wird. Da ich selbst aber kein Lüftungstechniker bin, überlasse ich diese Antwort lieber den Experten.
Und wie sieht es mit Zuschauern bei Sportveranstaltungen im Freien aus?
Man kann sogar auch bei den Amateursportarten im Freien wieder Zuschauer zulassen. Auch da gilt: Die Zeit, die die Menschen – sprich die Zuschauer – im Freien verbringen, ist viel gesünder als in den Wohnungen.
Offener Brief Aerosolwissenschaftler
In einem offenen Brief wenden sich die führenden Experten der Aerosolwissenschaft, darunter auch Dr. Gerhard Scheuch, an die zuständigen Behörden und erläutern die Ansteckungsgefahr von SARS-CoV-2 aus aerosolwissenschaftlicher Perspektive.