Der organisierte Sport nimmt kritisch Stellung zum neuen Koalitionsvertrag / Keine „Koalition des Aufbruchs“ / Gemeinnützigkeit für E-Sport große Gefahr für Vereine
Der Sport im Koalitionsvertrag: Zeugnis fällt eher bescheiden aus
07.05.2021 – LSB-Pressestelle
Rückblick: Im Vorfeld der Landtagswahl hatten der Landessportbund und die regionalen Sportbünde Rheinland, Pfalz und Rheinhessen den Landtagsparteien Wahlprüfsteine übermittelt, um ihre Positionen zu zentralen Zukunftsfragen des organisierten Sportes zu erfahren. „Die Forderungen des organisierten Sports im Entwurf des Koalitionsvertrags sind nur bedingt abgebildet“, stellt Bärnwick klar. Neben der Nichtberücksichtigung einer eigenen Sportabteilung ist auch nichts von einem mehrjährigen Sportfördervertrag, nichts von einem Sonderprogramm „Sport & Corona“ oder einem Programm für mehr Digitalisierung im Sport zu lesen. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass bei den Sportstätten ein enormer Sanierungsstau besteht, weshalb wir in unseren Wahlprüfsteinen eine Bestandsaufnahme in Verbindung mit einer zeitgemäßen Sportstättenentwicklungsplanung und entsprechender Finanzausstattung gefordert hatten“, zeigt sich Bärnwick enttäuscht. Der Hinweis der künftigen Landesregierung „Wir werden unsere Aktivitäten beim Bau und der Sanierung von Sportstätten intensivieren“ sei als „zarter Ansatz in die richtige Richtung“ zu bewerten – mehr aber auch nicht. Auch sei kein Hinweis zur Verwaltungserleichterung oder zur bürokratischen Entlastung der Vereine im Koalitionsvertrag zu finden.
Es gibt aber auch positive Fakten. Dass dem Sport mehr Platz im Koalitionsvertrag eingeräumt wurde als bisher, bewertet der LSB als ein gutes Zeichen für die künftige Zusammenarbeit. „Bei der wird auch immer wieder unsere Forderung im Vordergrund stehen, der größten Personenvereinigung im Land mit über 1,3 Millionen Mitgliedern eine eigene Sportabteilung einzurichten“, sagt Bärnwick. Hoffnungsvoll sei zudem, dass laut Koalitionsvertrag die Sportförderung ausgebaut werden soll. „An dieser Aussage werden sich die Koalitionäre messen lassen müssen. Nach Corona erwarten unsere Vereine klare Aussagen und Hilfen, wie sie die Folgen der Krise schultern können – dies geht nicht auf dem bisherigen Förderungsniveau“, betont Bärnwick. Gleiches gelte auch für den Leistungssport. „Erfolge wie die eines Niklas Kaul sollen künftig nicht nur durch Talent und elterliches Engagement, sondern durch verbesserte Infrastrukturen und Personalausstattung in den Leistungszentren ermöglicht werden“, sagt Bärnwick. Ausdrücklich positiv zu bewerten sei auch, dass laut Koalitionsvertrag die Förderung des Schwimmens bzw. des Schwimmenlernens mit finanzieller Unterstützung des Landes ausgebaut werden soll.
Angesichts all dieser Aufgaben erscheint es dem Landessportbund mehr als befremdlich, dass dem E-Sport die Gemeinnützigkeit zuerkannt werden soll. „Wenn dies geschieht, sehen wir die große Gefahr, dass Sportvereine neben einer geringeren finanziellen Unterstützung zudem noch größere Schwierigkeiten beim Zugang zu ausreichenden Sporträumen haben werden“, macht der LSB-Präsident deutlich. „So würde eine artfremde Nutzung von Sporthallen und -räumen für Computerspiele-Events als unmittelbare Konkurrenz auftreten – und den Sportvereinen die Durchführung ihrer wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe erschwert.“ In diesem Zusammenhang dankt Bärnwick dem Sportbund Rheinland, der zu dieser Thematik ein Positionspapier entworfen hat, das die Grundlage der Gespräche mit der künftigen Landesregierung sein wird. Daraus ist deutlich abzuleiten, dass der organisierte Sport im Land derzeitigen Initiativen, E-Sport als Sportart anzuerkennen und damit die Gemeinnützigkeit zuzuerkennen, deutlich widerspricht.
Vielmehr begrüßt der LSB, dass die Bundesregierung im Februar 2021 bereits deutlich gemacht hat, dass sie die Pläne aus dem Koalitionsvertrag zur Anerkennung des E-Sports als gemeinnützigen Zweck nicht mehr weiterverfolgen werde. Zudem entspricht der Bereich des E-Gamings ohne Sportbezug in seiner Gesamtheit nicht den zentralen Aufnahmekriterien, die das Sport- und Verbändesystem konstituieren und prägen. Beim E-Gaming gibt es keine Differenzierung nach ethischen Grundsätzen; vielmehr steht eine Vielzahl der Spiele im klaren Widerspruch zu den ethischen Werten des Sports, die auch im LSB-Ethik-Code formuliert sind.
Das von der Landesregierung initiierte Projekt „Land in Bewegung“, mit dem über landesweite Mitmachangebote breite Teile der Bevölkerung zu mehr Sport und Bewegung motiviert werden sollen, sieht Bärnwick nicht unkritisch. „Das ist genau der Ansatz, den die rheinland-pfälzischen Sportvereine seit jeher verfolgen und mit traditionell günstigen Mitgliedsbeiträgen auch seit Jahrzehnten leben“, so der LSB-Präsident. „Insofern begrüßen wir die Weiterentwicklung der Initiative nur, wenn es zu noch stärkeren Synergieeffekten mit dem organisierten Sport kommt. Ein anderer Ansatz wäre, die für das Programm geplanten finanziellen Mittel direkt dem organisierten Sport zur Weiterleitung an seine Verein und Verbände zugutekommen zu lassen.“