Schwerathletikverband Rheinland wird 75 Jahre alt: 14 Vereine im Ringen und Kraftdreikampf mit 1.200 Mitgliedern
27.08.2024 – Schwerathletikverband Rheinland
Es war ein schwieriger Neuanfang für die Schwerathleten nach dem Zweiten Weltkrieg. Erst im Oktober 1947 hatte die französische Militärregierung das Gewichtheben, und damit die Schwerathletik, als Sportart wieder zugelassen. Mit dem kurz darauf gebildeten „Fachamt Schwerathletik“ im Sportausschuss Rheinland, dem Vorläufer des heutigen Sportbundes Rheinland, entstand erstmals nach Kriegsende wieder ein Fachverband der Schwerathleten im nördlichen RLP. Im Dezember 1945 hatte der Alliierte Kontrollrat alle Turn- und Sportvereine aufgelöst. Die französische Besatzungsmacht erlaubte in ihrer Besatzungszone mit der Verordnung Nr. 23 über die Genehmigung der Gründung von Sportvereinen im französischen Besatzungsgebiet vom 4. Februar 1946 zwar wieder die Bildung von Sportvereinen, untersagte allerdings die Ausübung des Schieß-, Waffen-, Wehr-, Gelände- und Flugsportes. Zu diesen verbotenen Sportarten zählte die französische Militärregierung auch die Schwerathletik. So kam es, dass zu einer Zeit, als in anderen Regionen Deutschlands längst wieder Ringer und Gewichtheber Wettkämpfe austrugen, die Schwerathleten aus dem Rheinland zum Zuschauen verurteilt waren. Erst mit der Wiederzulassung zumindest des Gewichthebens im Oktober 1947 konnten die Schwerathleten im nördlichen Rheinland-Pfalz, das vor dem Krieg durchaus zu einer Hochburg im Ringen und Gewichtheben gehörte, ihren Sport wieder aufnehmen. Zum kommissarischen Vorsitzenden des neuen Fachamtes Schwerathletik berief die französische Militärregierung im Herbst 1947 Leo Nägler aus Bad Kreuznach, der bei der konstituierenden Fachamtssitzung am 7. Februar 1948 im „Alten Brauhaus“ in Koblenz dann von den Vereinsvertretern in diesem Amt bestätigt wurde. Im September 1948 wurden in Rheinböllen vor gut 300 Zuschauern die ersten Landesmeisterschaften im Rheinland im Gewichtheben ausgetragen mit Sportlern aus Oberstein, Bad Kreuznach, Koblenz-Pfaffendorf, Idar, Moselweiß, Trier und Rheinböllen. Unter den Zuschauern fanden sich so bekannte Athleten wie der mehrmalige Europameister, Weltrekordler und Olympia-Vierte von 1928, Jakob Vogt aus Ochtendung, der Olympia-Vierte von 1936 und Weltrekordler Helmut Opschruf aus Trier, der Trierer Altmeister Paul Trappen sowie der frischgebackene Deutsche Meister Oswald Junkes aus Trier, der später Bundestrainer im Gewichtheben werden sollte und im August 1948 die erste Goldmedaille für das Rheinland bei Deutschen Meisterschaften nach dem Zweiten Weltkrieg gewonnen hatte.
Während so das Gewichtheben langsam wieder zu alter Blüte im Rheinland aufstieg, blieb das Ringen in der französischen Besatzungszone weiter verboten. Erst gegen Ende des Jahres 1948 erlaubte die Militärregierung wieder die Bildung von Ringer-Abteilungen in den Vereinen. Am 11. Juni 1949 gründete sich im Koblenzer Stadttheater der Sportbund Rheinland als Dachorganisation des rheinländischen Sports. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch das Fachamt Schwerathletik. Bei diesem Treffen wurden die Auflösung der Fachämter und die Bildung von eigenständigen Fachverbänden beschlossen. Dies hatte zur Folge, dass sich nur wenige Wochen nach der Gründung des Sportbundes die Vereinsvertreter der zu diesem Zeitpunkt bestehenden zwölf Schwerathletikvereine am 20. August 1949 im Gasthaus „Zur guten Quelle“ in Oberwesel trafen, um dort den bis heute bestehenden „Schwerathletikverband Rheinland“ zu gründen. Erster Verbandsvorsitzender wurde Leo Nägler, sein Stellvertreter wurde Franz Zehe aus Koblenz. Zu diesem Zeitpunkt wurde im Rheinland in zehn Vereinen Ringen und in fünf Vereinen Gewichtheben betrieben. Der Verband hatte 733 Mitglieder. Seit 1949 kann der SVR auf eine bewegte Geschichte blicken. In den 1950er Jahren erlebten die Ringer und Gewichtheber einen großen Zuspruch. 1954 gehörten dem Verband 38 Vereine an. So viele wie nie mehr danach. Die Fachsportarten Rasenkraftsport und Kunstkraftsport verschwanden in den 1970er Jahren, dafür kam Ende der 1990er Jahre der Kraftdreikampf hinzu. Als Anfang der 1970er Jahre Ringer und Gewichtheber getrennte Wege gingen, blieben im Rheinland beide Sportarten im Schwerathletikverband weiterhin zusammen. Erst 2014 verließen die Gewichtheber den Verband.
Auch sportlich kann der SVR auf viele Erfolge zurückblicken. Zwei Sportler nahmen an Olympischen Spielen teil, Oswald Junkes vom ASV Trier im Gewichtheben 1952 in Helsinki und Anita Schätzle für die WKG Metternich/Rübenach 2008 in Peking. Die Ringer konnten 35 Goldmedaillen bei Deutschen Meisterschaften erringen, die Gewichtheben gewannen 40 Goldmedaillen. Dazu kommen zwei Meistertitel im Kunstkraftsport, 26 Goldmedaillen im Rasenkraftsport und drei Goldmedaillen im Kraftdreikampf. Erfolgreichster Ringer im Verband ist Robin Ferdinand vom ASV Boden mit sechs Gold-, zwei Silber- und vier Bronzemedaillen. Erfolgreichster Gewichtheber ist Lothar Hellenbrand von den Kylltalhebern Ehrang mit acht Gold- und zwei Silbermedaillen. 1971 wurde der PSV Trier im Gewichtheben bei den Junioren Deutscher Mannschaftsmeister, 1978 wurde die KTH Ehrang Deutscher Jugendmannschaftsmeister im Gewichtheben, 1981 und 1984 folgte der DM-Mannschaftstitel bei den Junioren. Die Kylltalheber aus Ehrang starteten in den 1980er und 1990er Jahren in der Gewichtheber-Bundesliga. Und im Ringen gelang den Wrestling Tigers Rhein-Nahe 2020 für einige Jahre der Sprung in Liga eins. Aktuell gehören dem SVR im nördlichen Rheinland-Pfalz 14 Vereine im Ringen und Kraftdreikampf mit 1.200 Mitgliedern an. Verbandspräsident ist seit 2014 Thomas Ferdinand. Er ist der zehnte Präsident in der SVR-Historie seit 1949.