RLP-Meisterschaften: Hirschmüller und Cazeaux holen die Titel
07.07.2021 – Tennisverband Rheinland-Pfalz
Die Gratulationen zu ihrer beeindruckenden Leistung nahm die Nummer 177 der deutschen Rangliste zwar entgegen, glücklich wirkte sie dabei allerdings nicht. Obwohl – oder vielleicht auch weil – sie selbst nicht erwartet hatte, ins Endspiel einzuziehen. Auf dem Weg ins Halbfinale machte sie keine großen Umstände, schlug im Achtelfinale Liv-Maja Röstel (TC Rot-Weiss Kaiserslautern) mit 6:1, 6:4 und im Viertelfinale ihre Vereinskollegin Michelle Roth, die bei 5:1-Führung Keitels im ersten Satz verletzt aufgab.
Die Vorschlussrunde allerdings würde nach allgemeiner Einschätzung Endstation sein. Schließlich traf Keitel jetzt auf die ebenfalls für Ludwigshafen spielende und topgesetzte Selina Dal. „Noch vor einem Jahr hätte Charlotte gegen sie keine Chance gehabt“, sagte Keitels Trainer Hirschmüller. „Aber sie hat gezeigt, wie toll sie sich entwickelt hat.“ Der Youngster überraschte mit einem 6:2, 7:6-Erfolg über die deutsche Nummer 43 – und wenn sie denn schon im Finale stand, wollte sie sich nicht mit dem zweiten Platz zufriedengeben. Erneut in der Außenseiterrolle, ging Keitel im ersten Satz mit 3:2 erstmals in Führung und brachte diese auch durch. Die Spielanlage ihrer Kontrahentin wirkte zwar reifer, doch so sehr Cazeaux auch Tempo und Ballhöhe variieren mochte, um die langen, schnellen und harten Grundlinienballwechsel zu durchbrechen, behielt Keitel dank ihrer gewaltigen Vor- die Oberhand. „Sie hat wirklich sehr gutes Tennis gespielt“, erkannte die an Position drei gesetzte Cazeaux an, die bis dahin mit ihren Gegnerinnen mehr oder weniger kurzen Prozess gemacht hatte. Dennoch sei es für sie nicht einfach gewesen, sich im vierten Match binnen zwei Tagen auf den Punkt zu konzentrieren, sagte der Ingelheimer Neuzugang aus Montpellier. Und der Stress, dem Cazeaux sich im Finale ausgesetzt sah, nahm zu – im zweiten Satz lag Charlotte Keitel mit 4:2 und 40:15 vorne und schien auf einem guten Weg, ihr starkes Turnier zu krönen. „Aber dann hat sie einen Winner geschlagen und ich einen Fehler gemacht“, fasste sie die Momente zusammen, in denen die Angelegenheit kippte. „Ich habe im zweiten Satz insgesamt zu viele Fehler gemacht.“
Verglichen mit dem Damenfinale verlief das der Herren unspektakulär. Yannick Floer wehrte sich nach Kräften gegen Christian Hirschmüller, was immerhin dazu führte, dass er im ersten Satz nach 1:4 zum 4:4 ausglich. Doch die Kräfte waren endlich. Dem Gensinger steckte insbesondere noch das fast zweieinhalbstündige Halbfinale gegen Steffen Hillenmeier (TSC Mainz) in den Knochen, aus dem er mit 6:4, 6:3 als Sieger hervorgegangen war: „Generell sind vier Matches an zwei Tagen sehr anstrengend, wenn du kaum trainiert hast.“ Zuletzt habe seine Zeit nur eine Einheit pro Woche zugelassen. „Dafür hat es ziemlich gut funktioniert“, sagte Floer. Seine Taktik gegen die deutsche Nummer 85 war clever. Er spielte Hirschmüller viele Bälle auf die Rückhand, die stets als sicherer Slice zurückkam, um irgendwann das Feld mit einem harten Schlag auf die Vorhand zu öffnen. „Das Spiel war sehr taktisch geprägt, aber er hat das mit den Rhythmuswechseln gut gemacht“, bestätigte Hirschmüller. „Ich kenne ihn noch aus den Medenspielen und war überrascht. Er hat sich mega entwickelt.“ Dass der 1,98 Meter-Hüne mit seinem eigentlich starken Service weniger punktete als erwartet, lag auch daran, dass sich Floer die fehlende Konstanz des Favoriten zunutze machte, um nahe an der Grundlinie zu returnieren.