Landessportlerwahl 2022: Ricarda Funk, Niklas Kaul und 1. FC Kaiserslautern machen das Rennen
21.01.2023 – Michael Heinze
Funk war die logische Siegerin bei den Frauen. Die 30 Jahre alte Bad Breisigerin hatte im vergangenen auf extrem hohem Niveau dermaßen konstant abgeliefert, dass an ihr kein Weg vorbeiführte. Anfang September gewann die amtierende Olympiasiegerin beim Kanuslalom-Weltcupfinale im spanischen La Seu d´Urgell den Wettbewerb im Kajak-Einer – und blieb dabei ohne Stangenberührung. Gut einen Monat zuvor war die 30-Jährige bei der WM in Augsburg zu Gold im ausverkauften Eiskanal gerast – und landete auch mit dem Team ganz oben auf dem Podest. Bei der Landessportlerwahl nun vereinte die 1,70 Meter große Doppelweltmeisterin („Meine Trophäen kommen bei mir tatsächlich in eine Abstellkammer“) stolze 38,7 Prozent der Stimmen auf sich und distanzierte ihre Konkurrentinnen damit klar. Bereits 2015 und 2021 war die gebürtige Bad Neuenahr-Ahrweilerin mit den muskulösen Oberarmen ganz oben auf dem Treppchen gelandet. „Der Druck vor der Heim-WM war schon immens – ich möchte da nicht noch einmal am Start stehen“, gestand Funk im Gespräch mit SWR-Moderator Christian Döring frank und frei. „Aber die Heim-WM war für mich auch der krasseste Wettkampf, den ich je gefahren bin. Am Ende waren die Zuschauer so laut, dass ich gar nichts anders mehr gehört habe. Es hat einfach mega Bock gemacht, dort zu fahren.“ Platz zwei bei der 26. Auflage der Sportlerwahl erreichte die Gewichtheberin Lisa Marie Schweizer vom AV 03 Speyer. Auf die 27-Jährige, die sich bei der EM in Tirana nicht weniger als drei Medaillen – je einmal Gold, Silber und Bronze – erkämpft hatte, entfielen 30,9 Prozent der Stimmen. „Mein großes Ziel ist Olympia 2024 in Paris“, verriet die Polizeikommissarin. Auf dem Bronzerang landete nach gleich dreimal Gold bei der U23-EM die Bahnrad-Sprinterin Alessa-Catriona Pröpster vom RV Offenbach (30,3 Prozent) – deren Training zur Hälfte nicht aus Radfahren besteht, sondern aus Athletik. Kraftsport und Co.
Bei den Männern sicherte sich Zehnkämpfer Niklas Kaul vom USC Mainz den Sieg. Für den 1,90 Meter großen Modellathleten aus dem rheinhessischen Saulheim war es nach 2019 bereits der zweite Triumph bei der Landessportlerwahl. Der 24-Jährige hatte sich am 16. August bei den European Championships in München mit 8.545 Punkten den Europameister-Titel im Zehnkampf gesichert, nachdem er im abschließenden 1.500-Meter-Lauf mehr als 38 Sekunden auf den bis dahin führenden Schweizer aufgeholt hatte. Bei der WM war der Hüne Sechster geworden. Für Kaul war die Mewa-Arena am Samstag nur eine Durchgangsstation zwischen den RLP-Hallen-Meisterschaften („Dort bin über 60 Hürden ein bisschen zu brav gelaufen, ein bisschen sitzengeblieben im Block – aber dafür war die Zeit ganz in Ordnung“) und dem Ball des Sports in Frankfurt. Der USC-Star vereinte 38,9 Prozent der Stimmen auf sich und gewann damit ebenfalls mit deutlichem Vorsprung vor seinem Vereinskollegen Julian Weber (31,9 Prozent), der sich nach zweimal Platz vier (Olympia 2020 und WM 2022) bei der EM in München seine erste internationale Medaille bei einem Großereignis um den Hals hängen lassen durfte – und dann gleich Gold. Mit 87,66 Metern wurde der 28-Jährige Europameister der Speerwerfer und feierte den bis dahin größten Erfolg seiner Karriere. „Der Moment nach meinem EM-Sieg in München war unglaubliche Freude, Glücksgefühle bis zum Geht-nicht-mehr“, rekapitulierte Weber. „Das ist einfach aus mir herausgesprudelt. Das war wirklich etwas ganz Besonderes – der herausragende Moment meiner Karriere.“ Auf dem dritten Rang landete Stabhochspringer Oleg Zernikel vom ASV Landau, der sich bei der WM in Eugene mit persönlicher Rekordhöhe von 5,87 Metern auf den fünften Platz katapultierte. Auf den 24-Jährigen entfielen 29,2 Prozent der Stimmen. Neben Kaul mussten sich auch Funk und Weber kurz nach ihrer Ehrung Richtung des Sports verabschieden.
In der Kategorie „Team des Jahres“ hätte wie so oft in den vergangenen Jahren wohl wieder einmal eine Kunstrad-Formation die Nase vorne gehabt. Doch weil diesmal mit dem 1. FC Kaiserslautern einer der bekanntesten, erfolgreichsten und traditionsreichsten Fußballvereine der Republik zur Wahl stand, reichte es für die Vierer-Kunstradfahrerinnen Stella Rosenbach, Annika Rosenbach, Tijem Karatas und Milena Schwarz vom RV Mainz-Ebersheim trotz Gold bei WM, EM und DM nur zu Platz zwei mit 33,1 Prozent der Stimmen. Das Rennen machten die „Roten Teufel“, die sich 2022 nach diversen bitteren Spielzeiten in der Dritte Liga unter Erfolgscoach Dirk Schuster in der Relegation gegen Dynamo Dresden endlich den so heiß ersehnten Wiederaufstieg ins Bundesliga-Unterhaus gesichert hatten, mit 35,1 Prozent. Neben Kapitän Jean Zimmer, Keeper Andreas Luthe und Vereins-Legende Hendrick Zuck war auch der baumlange Innenverteidiger Kevin Kraus nach dem 2:0-Testspielsieg gegen 1899 Hoffenheim II schnell nach Mainz gedüst und winkte wie seine Kollegen bei allen Reporterfragen nach etwaigen Durchmarschphantasien ab: „Wir wollen so schnell wie möglich 40 Punkte holen, damit wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Alles darüber hinaus ist Zugabe. In erster Linie müssen wir mit Demut an die Sache gehen.“ Die Kunstradfahrerinnen verrieten, was sie alles für ihren Sport opfern und Annika Rosenbach bestätigte ein Gerücht: „Ja, es stimmt, dass ich nach dem WM-Sieg im Regenbogentrikot auch geschlafen habe. Ich hatte es 24 Stunden an. Aber ich hoffe, das Jahr 2022 war für uns noch nicht der Höhepunkt. Wir haben noch viel vor, sind motiviert und bleiben auch am Ball.“ Dritter wurden die Rock´n´Roll-Asse Michelle Uhl und Tobias Bludau vom 1. RRC Speyer mit 31,8 Prozent der Stimmen. Uhl/Bludau hatten 2022 mit DM-Titel, EM-Titel und WM-Titel sowie dazu noch Gold bei den World Games grandios abgeliefert. „Michelle Uhl ist Krankenschwester und muss heute Schichtdienst ableisten, Tobias Bludau ist beruflich in Berlin“, erläuterte Moderator Döring, warum das Tanz-Duo nicht persönlich vor Ort sein konnte.
Der Nachwuchsförderpreis, den der Landessportbund zum 13. Mal verlieh, ging mit Paulina Pirro (U18-Europameisterin und WM-Dritte im Kajak-Einer vom KSV Bad Kreuznach) und Luca Spiegel (Vize-Junioren-Weltmeister im Bahnradsprint vom RV Offenbach) an zwei große Talente, die sich in punkto Wille und Ehrgeiz gegenseitig übertreffen und die man vielleicht schon bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris auf der ganz großen Sportler*innen-Bühne erleben kann.
Über den von der Jury zum neunten Mal vergebenen Trainerpreis freute sich die aus Thüringen stammende Bahnradsport-Trainerlegende Frank Ziegler, der Luca Spiegel seit 2018 in seiner Kaiserslauterner Sprinttrainingsgruppe unter seinen Fittichen hat und einst unter anderem auch seine Stieftochter Miriam Welte zu jeder Menge Goldmedaillen bei Olympia, WM, EM und DM geführt hatte.
„Wir halten in Rheinland-Pfalz das Prinzip der partnerschaftlichen Entwicklung hoch“, resümierte Sportminister Michael Ebling. „Wir haben einen hervorragenden Landessportbund und hervorragende Sportbünde. Ein Schwerpunkt liegt drauf, die Kader weiter auszubauen und über zusätzliche Mittel in Richtung Trainer*innen und mehr Förderung am Ende des Tages auch mehr sportliche Erfolge zu ermöglichen.“ Die Asse von heute und erst recht die von morgen dürfen sich also über eine weiter wachsende Unterstützung freuen – was für Paris 2024 wirklich hoffen lässt…
Die Ergebnisse der Landessportlerwahl 2022 im Überblick:
Sportlerinnen
1. Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach) 38,7 Prozent
2. Lisa Marie Schweizer (AV 03 Speyer) 30,9 Prozent
3. Alessa-Catriona Pröpster (RV Offenbach) 30,3 Prozent
Sportler
1. Niklas Kaul (USC Mainz) 38,9 Prozent
2. Julian Weber (USC Mainz) 31,9 Prozent
3. Oleg Zernikel (ASV Landau) 29,2 Prozent
Teams
1. 1. FC Kaiserslautern (Fußball) 35,1 Prozent
2. RV Mainz-Ebersheim (Kunstradsport) 33,1 Prozent
3. Michelle Uhl & Tobias Bludau (Rock´n´Roll) 31,8 Prozent
Nachwuchsförderpreis männlich
Luca Spiegel (Bahnradsprinter vom RV Offenbach)
Nachwuchsförderpreis weiblich
Paulina Pirro (Slalomkanutin vom KSV Bad Kreuznach)
Trainerpreis
Frank Ziegler (Trainer-Urgestein im Bahnradsport)
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